Eine Definition des „Ich“ setzt immer schon ein „Nicht-Ich“ voraus. Die Selbsterfahrung des „Ich“ ist aber schon vor ihrer Definition da: Meine Überzeugungen, Wünsche und Absichten sind als intentionale Zustände nur indirekt nach außen gerichtet, tatsächlich aber Teil einer Innenschau. Das Denken, Fühlen und Begehren zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es IN MIR stattfindet. Das Subjekt ist vor der Einführung der Objekte da, weshalb den „Referenzträgern“ überhaupt erst dadurch eine „Referenz“ zukommt, dass eine Sinnesreizung mit einem binnenperspektivischen Sinngehalt verknüpft wird: Von den SINNEN zum SINN.
Wenn ich sage: „Es gibt keine objektive Wahrheit“, dann ist dies aus konstruktivistischer Sicht kein „performativer Widerspruch“ im Sinne von: „Es ist eine objektive Wahrheit, dass es keine objektive Wahrheit gibt.“ Die konstruktivistische Variante dieser Aussage wäre vielmehr: „Das Konzept einer 'objektiven Wahrheit' funktioniert nicht.“ bzw. „Das Konzept einer 'objektiven Wahrheit' ist nicht viabel.“. Nun könnte man einwenden, die Aussage „X funktioniert nicht.“ würde implizieren: „Es ist objektiv wahr, dass X nicht funktioniert.“ Aber auch dies würde dem konstruktivistischen Ansatz nicht gerecht. Wir können hier den Wahrheitsbegriff umgehen, indem wir sagen: „Die Aussage 'X funktioniert nicht' funktioniert.“ An dieser Stelle ist entscheidend, dass das „Funktionieren“ bzw. die „Viabilität“ nicht mit einer „Wahrheit des Funktionierens“ identisch ist. Was der Wahrheitsbegriff im traditionellen Sinne bedeutet, hat Platon mit seinem Eutyphron-“Dilemma“ bes...
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